Chronik

Turnverein Arzheim 1889 e.V.

Der Ausscheller des Dorfes verkündete es, und es stand auch im “Koblenzer Generalanzeiger”: Am 10. Juni 1889 sollte  im Lokale Aloys Ufer ein Turnverein in Arzheim gegründet werden.

19 sportbegeisterte Männer erschienen zur Gründungsversammlung und setzten den Willen in die Tat um, die Gründung des Turnvereins Arzheim 1889. Aus ihren Reihen wählten sie den ersten Vorstand des Vereins: Nikolaus Wahl I, Josef Dötsch, Nikolaus Wahl II, Stefan Rosenbaum und Ludwig Staudt.

Es war keine leichte Aufgabe, die sie sich gestellt hatten, denn zu jener Zeit sah die Obrigkeit im Turnen noch eine Gefahr für die festgefügte bürgerliche Ordnung. Die breite Öffentlichkeit zeigte nur wenig Verständnis für die ganze Angelegenheit und so hatte man innerhalb der Gemeinde auch keinerlei Unterstützung zu erwarten. Doch allen Widerständen zum Trotz entstand in Arzheim eine turn- und sporttreibende Bewegung, die heute längst allgemeine Anerkennung und mit mittlerweile über 800 Mitgliedern auch eine breite Basis gefunden hat.

Turnergeist und Feuereifer beseelte damals das Häuflein der ersten Turner. Bereits drei Monate nach der Gründung trat man, auf dem Bezirksturnfest in Horchheim, mit einer kleinen Riege an die Öffentlichkeit. In Arzheim allerdings hatte der Turnverein, der Mitglied im Turngau Rhein-Mosel war, seinen ersten öffentlichen Auftritt erst am 2. Weihnachtstag des Jahres 1890. An diesem Tag wurde der erste Turnerball im Vereinslokal Aloys Ufer abgehalten – mit Turnen und Theaterspielen ein voller Erfolg für den jungen und kleinen Verein. 1891 nahm der Verein erstmals in seiner Geschichte an einem Wettkampf des Turngaues teil und brachte voller Stolz den 2. Preis nach Hause! Zwei Jahre nach der Gründung konnte auch schon eine Vereinsfahne angeschafft werden, am Stiftungstag, dem 6. Juni, wurde mit einem großen Festzug das Fest der Fahnenweihe gefeiert. Der Turnbetrieb nahm eine stete Aufwärtsentwicklung, von zahlreichen Turnfesten kamen die jungen Arzheimer Turner mit Eichenkränzen geschmückt wieder zurück.

1903 war der Verein finanziell dazu in der Lage, auf dem Steinerkopf einen eigenen Spielplatz herzurichten, auf dem fortan auch Schleuderball, Faustball und Trommelball gespielt wurden.Was lag näher, als bei diesem vereinseigenen Sportgelände auch eine feste Übungsstätte zu errichten. Um das zu erreichen, wurde 1904 eine Baukasse gegründet. Im Stillen reiften die Pläne zum Bau einer Turnhalle – 1908 wurde sie unter Beteiligung aller Ortsvereine und von Vereinen aus den Nachbargemeinden eingeweiht.

Nun wurde der gesamte Sportbetrieb (für das Turnen hatte die Familie Ufer dem Verein fast 20 Jahre lang einen Übungsraum zur Verfügung gestellt) auf den Steinerkopf verlegt.Mittlerweile zählte der Verein bereits weit über hundert Mitglieder, die unter Turnwart Josef Staudt auf zahlreichen Wettkämpfen viele Preise erringen konnten. Die Ballspiele waren immer beliebter geworden, als Obmann und Spielwart dafür wählte man Johann Petry.

1914, zum 25jährigen Bestehen des Vereins, konnten auf dem durch Feldankauf vergrößerten Platz die turnerischen Übungen im Freien stattfinden. Der Verein hatte sich prächtig entwickelt, war erfolgreich und in gewissem Sinne auch wohlhabend – da platzte wie eine Bombe der erste Weltkrieg in diese Entwicklung. Die meisten Turner, junge Menschen, zogen ins Feld, die Turnhalle wurde vom Militär belegt und der gesamte Turnbetrieb kam zum Erliegen. 22 Turner kamen aus dem Wahnsinn des Krieges nicht mehr zurück.

Um das Jahr 1920 wurde unter der Leitung des damaligen Vorsitzenden Peter Hamm der Turnbetrieb wieder aufgenommen, neues Leben zog in die Turnhalle ein. Zu diesem Zeitpunkt merkte man aber auch schmerzlich, wie groß die Lücke war, die der Krieg gerissen hatte. Von Wettkämpfen wurden immer nur Einzelsiege nach Hause gebracht, für eine Vereinsriege hatte man immer noch zu wenig Turner. Das änderte sich erst 1925, als unter der Leitung von Josef Staudt eine Riege am Kreisturnfest in Gießen teilnahm und Kranz und Urkunde erringen konnte. Im Jahre 1928, nach dem guten Abschneiden auf dem Gauturnfest in Höhr, beschloss man, zum erstenmal an einem Vereinsturnen auf dem 14. Deutschen Turnfest in Köln teilzunehmen. Stolz brachte man mit dem zweiten Rang Kranz und Urkunde nach Arzheim. Im gleichen Jahr wurde die Turnhalle durch eine Anbau nach Südosten erweitert.

In diesen schwierigen Nachkriegsjahren hatte sich der Verein sportlich außerordentlich erfreulich weiterentwickelt, vier neue Abteilungen waren gegründet worden: Schülerabteilung, Leichtathletik, Handball und Turnerinnenabteilung. Vor allem die Schülerabteilung unter der Leitung von Franz Dötsch II nahm einen unerwarteten Aufschwung, seiner Begabung im Umgang mit der Jugend war es zu verdanken, dass die Vorführungen der Schülerabteilung bei festlichen Anlässen und Elternabenden zu den Höhepunkten zählten. Er war es auch , der bei der Schülerabteilung etwas ganz Neues einführte, das gemeinsame Wandern. Viele alte Mitglieder erinnern sich heute noch gern an diese frohen Wanderfahrten, bei denen stets im Freien abgekocht wurde.

Die Leichtathletik, damals Volksturnen genannt, wurde immer populärer, besonders bei den jungen Mitgliedern. Erfolge bei Berg- und Gaufesten, bei sonstigen Kreis- und Landesoffenen Sportfesten wurde errungen, Georg Ufer wurde sogar Gaumeister im Hochsprung.

Nach der Machtübernahme im “Dritten Reich” wurden alle Turn- und Sportvereine gleichgeschaltet und dem Reichsbund für Leibesübungen eingegliedert. Die Deutsche Turnerschaft mit ihren traditionsreichen Turnkreisen und Turngauen hatte aufgehört zu bestehen. In diese Zeit hinein fällt auch der vorübergehende Zusammenschluss der beiden sporttreibenden Vereine in Arzheim, des Turnvereins und des Fußballclubs Germania, unter dem Namen “ Turn- und Spielverein Germania Arzheim”.

Der Beginn des zweiten Weltkrieges machte allem ein Ende. Die Halle wurde erneut vom Militär beschlagnahmt, französische Kriegsgefangene darin untergebracht. Die aktiven Sportler wurden eingezogen, der gesamte Sportbetrieb kam zum Erliegen. Der Schrecken des ersten Weltkrieges hatte die Menschen nicht klüger gemacht, nun wurden wieder unsagbare Opfer gefordert. 37 Mitglieder des Turnvereins mussten ihr Leben lassen und kehrten aus dem Krieg nicht mehr zurück, ein erschütternder Verlust für die Angehörigen und den Verein, eine grausige Bilanz, die doch endlich zur Besinnung und Vernunft mahnen sollte.

Das “Tausendjährige Reich” lag in Scherben, die Besatzungsbehörden hatten das Turnen verboten, lediglich die Ballspiele durften stattfinden.

Der Neuaufbau des Vereins war schwer, denn viele gute Turner waren im Krieg gefallen oder vermisst. Doch allmählich kam wieder sportliches Leben in den Verein. Eine Fußballmannschaft, dann eine Handballmannschaft nahmen den Spielbetrieb wieder auf, auch mit der Leichtathletik wurde wieder begonnen. Doch es fehlten nicht nur die geeigneten Sportler für einen erfolgreichen Anfang, es fehlten auch die Männer, die ihre ganze Kraft und ihr Können eingesetzt hätten, um den Verein wieder in die Höhe zu bringen. 1949 wurden die im Dritten Reich zwangsweise zusammengeschlossenen Vereine wieder selbständig. Franz Dötsch übernahm erneut die Führung des Turnvereins,, und mit ihm zog auch der alte Turnergeist wieder ein.

Erstmals beim Deutschen Turnfest im Hamburg meldete der Verein neben Einzelkämpfern auch eine Riege, die mit der Note “Gut” bewertet wurde und Kranz, Urkunde und Fahnenband nach Arzheim bringen konnte.Doch die große Zeit des Turnens in Arzheim war vorbei, um so erfolgreicher waren die Handballer, deren 1. Herrenmannschaft sogar dreimal den Aufstieg in die Landesliga erkämpfte.

Schon frühzeitig erkannte man im TV Arzheim die Zeichen der neuen Zeit, setzte verstärkt auf Jugendarbeit und gab dem Breitensport viel Raum. Auch auf dem Bausektor schritt man mutig voran: unter der Bauleitung des damaligen Vorsitzenden Erich Schmitt wurde 1963 eine neue Hausmeisterwohnung gebaut, die Wirtschaftsräume wurden modernisiert, Umkleide- und Duschräume gebaut.

Rechtzeitig zum 75jährigen Bestehen des Vereins wurde, ebenfalls unter der Bauleitung von Erich Schmitt, ein Werk vollendet, das einmalig ist in der Vereinsgeschichte: eine neue Turnhalle, die allen Anforderungen einer modernen Sportstätte gerecht wird, wurde mit viel engagierter Eigenarbeit der älteren, vor allem aber auch junger Mitglieder rechtzeitig zum Vereinsjubiläum fertiggestellt.

Drei Jahre später, 1967, übernahm Josef Kesselheim die Vereinsführung. In seiner Zeit wurde die Vereinsgaststätte vergrößert und eine Kegelbahn gebaut, die auch viele Nichtmitglieder in die Turnhalle auf dem Steinerkopf lockt.

Die neue, moderne Halle brachte auch neue Erfolge. Die Handballer schafften, geführt und motiviert vom zeitweiligen Vereinsvorsitzenden Günter Greschek, den Aufstieg in die Oberliga Rheinland, und zwar sowohl die Herren- wie die Damenmannschaft. Durch hervorragende Trainingsmöglichkeiten konnte auch in den anderen Abteilungen des Vereins ein großer Aufschwung verzeichnet werden. Neue Abteilungen wurden gegründet, die sich hauptsächlich dem Breitensport widmeten: die “Jedermann-Abteilung”, Damengymnastik, Er und Sie, eine Wanderabteilung, Kinderturnen für Jungen und Mädchen, Tischtennis, Mutter- und Kind-Turnen, eine Skiabteilung, Aerobic und Behindertensport. Eine geplante Tennisabteilung scheiterte an der Grundstücksfrage für die Tennisplätze.

Die Abteilung aber, die dem Verein den Namen gegeben hatte, konnte sich nicht weiterentwickeln: in den letzten Jahren konnte keine Kunstturnmannschaft mehr gestellt werden. Doch vielleicht wächst Nachwuchs heran – seit 1970 wird Kinderturnen in Arzheim ganz großgeschrieben. Mit besonderem Stolz wird auf die Erringungen des Wanderpreises beim Gaukinderturnfest hingewiesen, der für die jeweils höchste gemeldete Teilnehmerzahl verliehen wird. In den Jahren 1983, 1984 und 1985 wurde der vom Ehrenvorsitzenden des Turngau Rhein-Mosel, Karl Schön, gestiftete Preis vom TV Arzheim errungen und ging nach dreimaligem Gewinn in Folge in den Vereinsbesitz über.

Doch nicht nur auf sportlichem, auch im gesellschaftlichen Bereich ist der Turnverein Arzheim aktiv und arbeitet im Vereinsring Arzheim mit allen anderen Vereinen zum Wohle der gesamten Bevölkerung zusammen. Und auch zur Freude der Arzheimer: sechsmal schon kamen Karnevalsprinzen und Prinzessinnen aus den Reihen des Turnvereins, aber auch alle anderen Tollitäten wurden in der närrisch geschmückten Turnhalle proklamiert. Darüber hinaus steht die “Gute Stube” allen anderen Ortsvereinen sowie vielen Verbänden und Institutionen für sportliche und gesellschaftliche Veranstaltungen zur Verfügung.

Auch hier ist wieder die liebevolle Hinwendung zu den Kindern zu erwähnen: seit nunmehr zwölf Jahren lädt der Kinder-Elferrat an Fastnachtsdienstag alle Kinder des Ortes und der Umgebung zum Kinderkarneval in die Turnhalle ein. Nicht zu vergessen die Busfahrten mit den Jüngsten des Vereins sowie die Weihnachtsfeier, die größte im ganzen Ort.

Kein Wunder, zählt der Verein mittlerweile doch über 800 Mitglieder! Die wurden seit 1977 geführt von einem Vorstandsteam unter der Leitung des 1. Vorsitzenden Achim Saure.

Wie sparsam dieser Vorstand wirtschaftet, geht allein schon aus der Tatsache hervor, dass von den 260 000 ,- DM Schulden, die den Verein vor 12 Jahren noch belasteten, nur noch 35 000 ,- DM zu tilgen sind. Und das, obwohl für Erweiterung und Sanierung der Turnhalle auch in den letzten Jahren beträchtliche Summen aufgebracht wurden: 1983 wurde die Hallendecke erneuert, 1984 der Fußboden. Rund 400 000 ,- DM wurden innerhalb von 12 Jahren verbaut, vorwiegend aufgebracht durch Eigenleistung des Vereins, aber auch durch die großzügige Unterstützung der Stadt Koblenz.

Und auch für die Zukunft ist einiges an wichtigen Baumaßnahmen geplant: um Energie und damit Kosten zu sparen, wurde die Wärmedämmung der Halle verbessert , zur Straße hin wurde ein Anbau mit einen kleinen Spiegelsaal gebaut, die Halle insgesamt erweitert, um dem ganz speziellen Anliegen des Vereins entgegenzukommen: nicht nur Leistungssport zu treiben, sondern mehr und mehr Freizeitsport. Damit noch mehr Arzheimer Bürger den Weg finden zum über hundert Jahre alten, immer noch jungen Turnverein 1889.

 

Als 1. Vorsitzende haben bisher unseren Verein geführt:

1889-1890  Nikolaus Wahl II.
1891-1892  Johann Schmaus
1893-1894  Nikolaus Geißler
1895          Georg Kalter
1896-1898  Nikolaus Wahl
1899          Peter Dörr
1900          Franz Dötsch I.
1901-1904  Adam Maurer
1905-1906  Josef Geiffes
1907          Franz Dötsch I.
1908          Adam Maurer
1909-1911  Wilhelm Geiffes
1912-1913  Adam Maurer
1914          Wilhelm Geiffes
1915          Johann Staudt
1916-1918  Josef Doetsch und Peter Hamm
1919-1928  Peter Hamm
1929          Franz Dötsch II.
1930-1932  Josef Rosenbaum
1933-1939  Franz Dötsch II.
1940-1944  Franz Dötsch II. und Franz Staudt
1945-1949  Peter Geißler
1950-1956  Franz Dötsch II.
1957-1966  Willi Nies
1961-1966  Erich Schmitt
1966-1974  Josef Kesselheim
1974-1977  Günther Greschek
1977-1992  Achim Saure
1992-2008  Gert Wilde
2008-2014  Hermann-Josef Korn
2014-2022  Wolfgang Hofmann